Ein Winter am Mittelmeer

26.4.2023 von Chris

Schon lange hatte ich davon geträumt, eine Überwinterung in etwas wärmeren Gefilden zu wagen und dem ewigen Grau im Rhein-Main Gebiet zu entfliehen, wo es nie Schnee aber viel Nebel gibt. Nun verstarb vor einem Jahr mein Vater und ich konnte diesen Traum in Angriff nehmen. Ungewöhnlich warm und sonnig war allerdings der Oktober und sogar noch der halbe November, so dass wir erst spät Ende November starteten.

Die erste Etappe führte mit dem TGV von Frankfurt über Dijon und Lyon bis Marseille, wo wir uns einige Tage umschauten. Viel hat sich seit meinem letzten Besuch verändert: die Gegend um den alten Hafen ist aufgehübscht worden und ein Highlight ist das schon architektonisch äußerst attraktive Museum der Zivilisationen Europas, dass ich bisher nur aus Reportagen kannte. Auch der Besuch des Museum of Contemporary Art im Süden der Stadt oder des Museums Cantini sind sehr zu empfehlen. Im Chez Fonfon, direkt am Meer, lohnt eine Einkehr immer (speziell wenn man Meeresfrüchte und Fisch mag).

Museum der Zivilisationen Europas by night

Museum Marseille

Nächste Etappe war Nizza. Man bummelte mit einem Nahverkehrszug berühmte Städte wie Toulon oder Cannes ab (wo ein Halt diesmal nicht eingeplant war): die Strecke führt manchmal direkt am Meer entlang. Nizza ist eine sehr interessante Stadt mit vielen, schönen alten Bürgerhäusern, lohnenden Museen und vor allem vielen kulinarischen Attraktionen. Es gibt einen großen Markt und sehr gute (und teure) Restaurants. Die Promenade ist berühmt und auch im Winter gut besucht. Das Meer wärmt immer noch und die Mittagssonne tut ihr übriges. An einem Kiosk bekommt man die “Frankfurter Allgemeine Zeitung”. Es wundert euch sicher nicht, dass sogar die Benutzung der Bänke Geld kostet..(schmunzel)

Nizza

NiceRestaurant

Weiter ging es nach einigen Tagen mit der Fähre nach Ajaccio an der Westküste Korsikas (Heimatstadt Napoleons). Hier sollten wir auch die ersten Regentage erleben: aber bei, mit Deutschland verglichen, sehr angenehmen Temperaturen. Von hier aus könnte man nun mit der berühmten Bahn durchs Gebirge bis nach Bastia an der Ostküste fahren, was ich einmal im Sommer gemacht habe. Ein echtes Abenteuer, mit der Schmalspurbahn durchs Hochgebirge. Im Winter sollte man sich aber von den Bergen fernhalten: es wird dort kalt und windig und kann auch schneien. Unten an der Küste bleibt es mild und frostfrei. Einzig ein etwas stärkerer Wind kann manchmal das Tragen wärmerer Kleidung erfordern.

Ajaccio

ajaccio

Den Jahreswechsel erlebten wir ganz im Süden in Bonifacio, wohin wir inzwischen weitergefahren waren, immer an der Westküste entlang. Die Temperaturen gestalteten sich noch sehr passabel, wenn es natürlich auch bedeckte Tage gab. Aber Stürme blieben uns zum Glück erspart, nachdem es im Sommer einen fürchterlichen Tornado auf Korsika gegeben hatte, nebst Superzelle und viel, viel Regen: das muss für die Bewohner wirklich traumatisch gewesen sein, mit sehr großen Schäden!

Bonifacio

bonifacio

Weiter ging es mit der Fähre nach Sardinien, quasi ein Katzensprung über die Meerenge, wo man bei gutem Wetter sogar das jeweilige andere Ufer erspähen kann. Auch hier blieben wir hauptsächlich an der Westküste und arbeiteten uns langsam nach Süden vor über Sassari, in kleinen Hotels übernachtend, soweit sie im Winter geöffnet hatten, später ein Abstecher nach Oristano. Am Meer ist es eigentlich immer schön, egal welche Jahreszeit gerade herrscht. Man hat die Wellen und ihre Reflektionen, kann Vögel beobachten oder mit Glück einen frühen Sonnenuntergang erleben. Vor allem gibt es kaum Touristen und die Einheimischen sind im Winter ganz anders drauf, als in der Hauptsaison.

Sardinien

sardinien

Es war dann schon Februar, als wir in Cagliari, einer erstaunlich großen Stadt, ankamen. Hier war mal wieder mehr kulturelles Leben, wie der Besuch von Museen oder der Festung & Seele baumeln lassen in guten Restaurants, angesagt. Auf den Inseln sind die Preise allgemein gesalzen, da vieles vom Festland herangeschafft werden muss. Aber man gönnt sich ja sonst nichts. Ende Februar hieß es Abschied nehmen und rüber nach Italien fahren, was von Cagliari bis Civitavecchia eine ganz schöne Strecke auf dem Meer war (ca. 10 Stunden mit der Fähre).

Cagliari

cagliari

Vorletzte Etappe der Reise sollte Rom werden, wo ich vorher noch nie war (meine Italien-Trips führten mich bisher an den Gardasee, nach Venetien, Bologna und in die Toskana, wo wir mal eine Rundreise durch alle berühmten Städte, wie Florenz, Siena, Pisa und Lucca gemacht hatten, natürlich war man auch schon in Genua und Mailand). Selbst im Winter ist Rom voll, aber nicht überfüllt wie im Sommer. Ich erspare euch jetzt das Runterrattern der Sehenswürdigkeiten, jeder kennt sie. Auf jeden Fall wollten wir rechtzeitig vor den Osterferien und dem Touristenansturm unsere Zelte abbrechen.

Forum Romanum

995305334

Auf dem Rückweg wurden zwei Tage in Milano eingeplant, das muss schon sein (die Passagen und anderes), bevor es über Lugano und Bellinzona nach Zürich und später Frauenfeld im Thurgau ging, wo ein Besuch bei Freunden angesagt war. In Rom wurde es zuletzt richtig warm, in Zürich war es auf deutsch gesagt a…kalt, aber das Frühjahr steckte auch hier schon in den Startlöchern. Man freute sich nach der langen Reise nun doch auf die Heimat in Südhessen. Von Basel ging es schließlich mit dem ICE über Karlsruhe und Mannheim zurück nach Frankfurt. Für nächsten Winter ist, wenn alles gut geht und man gesund bleibt, ein Trip ins ferne Neuseeland geplant: das fehlt noch auf meiner “to do-Liste” (obwohl ich etwas Bammel vor dem sehr langen Flug habe).

Zurich

zurich

Fazit unserer Rundreise über fast vier Monate: ich kann nur jedem empfehlen, der über die Zeit und genügend Kleingeld verfügt, mal so etwas in Angriff zu nehmen. Am Mittelmeer gibt es viele fantastische Ziele und man hat im Winter wirklich weitestgehend seine Ruhe vor Touristen (zumindest, wenn man die ganz großen Städte meidet). Wir hatten nichts gebucht und fuhren erstaunlich gut damit. Reisemittel war die Bahn bis Nizza, auf den Inseln der Mietwagen bzw. die Fähren und zurück ab Rom wieder der Zug (ich fahre sehr gern Bahn, es ist so entspannend). Ich habe bewusst auf Fotos verzichtet, da ich selbst nicht fotografiere: bemüht die Fantasie & danke für eure Aufmerksamkeit!

Mervi: Ich habe einige Fotos eingefügt

18 Comments

  1. Dear Chris
    You have really made the Grande Tour to the South this Winter.
    So many highlights both modern and ancient, manmade and natural.
    I am sure you will get to New Zealand and maybe even meet former Prime Minister Ardern.

  2. Die Fotos täuschen natürlich etwas, da sie meist im Sommer entstanden sind. Ein bissel dunkler und grauer sieht es im Dezember oder Januar schon aus… 😉 Entscheidend ist aber das Temperatur-Niveau, dass am Meer deutlich über dem des deutschen Winters liegt. Schnell kann es an sonnigen Tagen, in geschützten Lagen, auch mal 20°C werden: das ist natürlich äußerst angenehm, zumal ich die große Hitze des Sommers ohnehin nicht gut vertrage. Danke fürs Editieren, liebe Mervi !

  3. Liebe Chris!

    Soeben habe ich deinen Bericht gelesen und er hat mir sehr gut gefallen! Vielen Dank dafür, auch für die großartigen Fotos.
    Ich liebe Italien sehr und habe einiges, was du beschrieben hast, schon selbst gesehen. Auch weil ich nicht weiß, ob ich so schnell wieder dorthin komme, hast du mir eine große Freude mit deinem Bericht gemacht. Ich wünsche dir alles Gute.
    Liebe Grüße
    Yeo

    • Die Fotos sind nicht von mir, ich wollte eigentlich Keine.
      Die Bilder sind aus dem Sommer & ich war ja im Winter da.
      Wobei die Palmen oder Pinien auch im Winter grün sind. 😉

      Ich wollte ursprünglich Fotos bei Flickr.-Creativ-Commons raus-
      suchen, habe dann aber davon Abstand genommen, da man für jedes
      Bild den Namen des Fotografen einzeln nennen müsste. Ich hoffe,
      Mervi besitzt die Rechte an den Fotos, nicht dass es Ärger gibt.

  4. Liebe Chris,
    Du hast eine interessante Reise gemacht. Für solche Reise braucht man Zeit und die hast Du Dir genommen. Die Mittelmeergegend ist sehr schön.
    Hugs
    Ludmila

  5. Dear Chris!

    I only added the photos to make a ‘pause’ so it would be easier to read your excellent text. Unfortunately I had no time for looking for Winter photos.

    You had a great trip in the south and had lots of fantastic experiences on the way.

    Wow, now you’re planning a journey to New Zealand! I hope you can make it!

    Thank you so much for sharing your ‘travel diary’ with the readers of this magazine!

    Hugs from Mervi

    • Mervi – kein Problem mit den Fotos !
      Ich hatte nur Sorge, Du könntest Ärger
      bekommen, weil Du Fremd-Fotos benutzt.

      Mal sehen, ob das mit Neuseeland klappt.
      Sie haben das Land ja gerade erst wieder
      geöffnet nach Corona – wer weiß, wie die
      Lage im Winter ist, schaun mer mal… 🙂
      Jetzt genießen wir erstmal das Frühjahr.

  6. Nun hat mich die Neugier doch recht schnell zu Deinem Bericht getrieben und ich muss sagen: Das hat sich gelohnt! Ich bin nicht nur ‘gönnend(!) etwas green with envy wegen der Reise, die man sonst in dieser Art hauptsächlich von Schriftstellern kennt – und auch da kannst Du gut mithalten. Du schaffst es, gänzlich ohne episch zu werden die wichtigsten ReiseEtappen und das Erlebte, ohne großartig ins Detail zu gehen interessant und in KURZEN SÄTZEN (da bin ich WIRKLICH besonders neidisch!) darzustellen.

    Ein rundherum lesenswerter, schön aufgemachter Bericht.
    Ich war zuerst ganz begeistert, was für tolle Fotos Du inzwischen machst. Aber auch, als sich das am Ende als Irrtum herausstellte, tat es dem ganzen überhaupt keinen Abbruch; denn die Auswahl der Fremd-Bilder war so gut gelungen, wie der ganze selbst verfasste Text.

    Kompliment und Dank für das ‘vor dem geistigen Auge mitreisen dürfen’ und dafür, die Freude und Zufriedenheit nachempfinden zu können durch die unaufgesetzte und klare Darstellungsweise. Toll!

  7. Mervi – After having read now also the comments, I got aware that it was YOU who made the choice of the photographs. A perfect selection!

    So: THANKS also to you for this additonal contribution to the publication on top of your usual editorial work!

  8. Liebe Chris,

    eine so lange und weite Reise in einem relativ kurzen und dennoch sehr informativen Bericht zu fassen, ist wirklich eine Kunst.
    Ich kenne den Süden Europas überhaupt nicht, weil mich die Hitze in südlichen Ländern immer angeschreckt hat. Während deiner Reisezeit waren die Temperaturen natürlich relativ angenehm, nicht nur wegen der winterlichen Tristess in Deutschland.

    Mervi, die Auswahl der Fotos ist dir prima gelungen und zeichnet dich ebenso aus wie deine immer so passenden Kommentare in anderen Berichten unserer Reporter*innen!

    Vielen Dank euch beiden und liebe Grüße!
    Britta-Gudrun

    • Da hast Du aber etwas verpasst…
      Die Mittelmeer-Region ist so reich
      an Geschichte und mannigfaltigen
      Sehenswürdigkeiten. Beste Reise-
      zeit sind sicher Vor- und Nach-
      saison, also März/April bzw.
      Oktober, wenn nicht mehr so
      viele Touristen da sind und
      das Klima angenehmer ist. Im
      Sommer reisen wäre Wahnsinn…

  9. Hallo Chris

    Wie beneidenswert den Winter nicht im grauen Deutschland zu verbringen!!
    Deine Reiseroute war sehr gut gewählt. Südfrankreich muss wunderschön sein.
    Aber auch die anderen Ziele erscheinen mir sehr sehenswert.
    Nächsten Winter soll es nach Neuseeland gehen!
    Ich finde es mutig, wenn man seine Ideen und Wünsche umsetzt.
    Und solang man gesund und munter ist, sind solche Reisen auch möglich.
    Also ran die Planungen für den nächsten Winter!!

    Viele Grüße,
    Anita

    • Wie gesagt, Neuseeland steht noch in den Sternen…
      Jetzt genießen wir erstmal meine Lieblingsjahreszeit
      hier, die leider immer viel zu schnell vorüber geht.
      Im Herbst sehe ich dann weiter. Das hängt von vielen
      Faktoren ab, wie politische Lage, Gesundheit und nicht
      zuletzt auch vom Geld, denn Millionär bin ich nicht. 😉

  10. Liebe Chris!
    Danke für Deinen Bericht über die gelungene Winterreise ans Mittelmeer. Du bist ganz schön ´rumgekommen und hast es offensichtlich genossen. Gut so!
    Mervi hat sehr schöne Bilder für Deine Schilderungen gefunden, die – zusammen mit Deinem Bericht – sicher bei dem ein oder der anderen leichtes Fernweh auslösen und/oder Erinnerungen an eigene Reisen wecken. So auch bei mir. Dass Ihr gefahren seid, ohne vorher etwas zu buchen, finde ich super. Diese Fahrten “ins Blaue hinein” mit einigen geplanten Highlights bleiben meist am eindrücklichsten in Erinnerung und man sieht so viel mehr Unerwartetes. Auch dass Ihr mit der Bahn gefahren seid, find ich gut!

    Viele Grüße
    Anke

    • Ich habe noch nie in meinem Leben einen Pauschal-Urlaub gebucht.
      Wir waren es seit frühester Jugend gewöhnt, einfach loszuziehen.
      Sei es per Autostopp, Inter-Rail oder mit unseren “Schrottkisten”.
      Ich habe auch noch nie einen Neuwagen besessen. Am liebsten fahre
      ich Fahrrad oder Bahn (aber bitte ohne Corona-Auflagen)… 😉

    • Leider sind die Fotos nicht von mir.
      Aber der Text – Du kannst mit
      Google-Übersetzer arbeiten !
      Please use a translator !
      I didn´t shot these photos…

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