Momentaufnahmen aus dem Zoo Berlin – Teil 1

23.3.2025 von Anke B 12.3.2025

Prolog

Vor fast genau einem Jahr habe ich die letzten Momentaufnahmen aus dem Berliner Zoo geschrieben. Die lange Pause erklärt sich, weil ich mit vielen Entwicklungen fremdele und den Zoo, wie er noch vor zehn Jahren war und in dem ich mich, bei aller Kritik, sehr wohl gefühlt habe, vermisse und traurig bin über viele Verluste, sowohl unter den von den Besuchern geliebten Tieren und den Pflegern, als auch bei altvertrauten Anlagen und Wegen.

Ich hatte gedacht, dass ich mich vielleicht daran gewöhnen könne und letztlich damit klarkomme, aber dem ist nicht so. Bevor ich meinen Bericht beginne, möchte ich mir einiges an Unbehagen von der Seele schreiben, was ich lange Zeit vermieden habe.

Uns wurde von der damals noch neuen und sehr willkommenen Zooleitung ein behutsamer Umbau des Zoos nach und nach und Transparenz über das Vorgehen versprochen. Der Tierbestand sollte zum Nutzen der verbleibenden Zootiere verringert werden und und die Anlagen schöner werden – wobei Optik nicht alles ist!

Baustelle vor dem Raubtierhaus

Baustelle vor dem Raubtierhaus am 12.03.25.jpg, II

Nach zehn Jahren fehlen mir leider viele, zu viele, ikonische Tiere: Eisbären, Kragenbären, Malaienbären, Spitzmaulnashörner, Kamele, Alpakas, Guanakos, Polar- und Steppenfüchse, Fossas, Ozelots, Rauchkatzen, Jaguarundis, Brüllaffen, Mandrills, Haubenlangure, Hornrabe Clyde, die Adler, Böhm Steppenzebras, Zwergesel Benni u.v.a. , (weitere, z.B. die Primaten, bis auf die Gorillas, sollen gerüchteweise folgen) und den restlichen, von denen zumal einzelne allein in ihrem Gehege sind (z.B. Löwin Amira, seit Jahren allein hinter den Kulissen oder seit neuestem Giraffenbulle Mugambi), geht es m.M.n. nicht besonders gut.

Mugambi am 16.03.25

Viele Anlagen sind ganz verwaist und überall wuchert der invasive, blickdichte Bambus, der die hiesigen Sträucher und Gehölze verdrängt, im Sommer sehr viel Wasser schluckt und keinen Wert für die heimischen Singvögel hat. An vielen, seitdem errichteten, mehrere Meter hohen Glasscheiben um die Außenanlagen haben sich außerdem tausende von ihnen das Genick gebrochen, bevor die Scheiben mit bedruckter Folie beklebt wurden. Man sieht und hört sie heute kaum noch, bzw. „Nur die Harten kommen in den Garten“: Spatzen, Stare, Krähen, Fischreiher und Kormorane gibt es noch einige.

Aus all dem wurde ein Dauerschmerz, eine Wunde, die nicht heilen will… Für mich hat der Zoo viel, vielleicht sogar sein Herz verloren. Die vielen Baustellen tun ihr Übriges. Vielen, die den Zoo schon vor zehn Jahren regelmäßig besucht und die Veränderungen miterlebt haben, geht es ähnlich. Es gibt natürlich auch die andere Seite, die das alles befürwortet, als Erfolg wertet und ihrerseits Gründe dafür angibt.

Hier beschreibe ich nur meine persönliche Sichtweise! Und noch (!) möchte ich auf meine Besuche im Zoo nicht verzichten. Soviel dazu…

Am Mittwoch haben Thomas und ich uns mittags auf den Weg gemacht und am Olivaer Platz einen Bus Richtung Zoologischer Garten bestiegen, wo wir gegen 12:30 den Eingang passierten.

Auf der Anlage der Elefantenkühe sahen wir Carla, Pang Pha und Anchali, die sich über die Fläche verteilt hatten und recht entspannt wirkten. Anchali beschäftigte sich mit einer Futterkugel aus Drahtgeflecht, in der sich Heu befand. Carla, die älteste Elefantenkuh, hat leider die Hälfte ihres Schwanzes nach einem Streit mit Anchali verloren, die sie dort gebissen hatte. Die Wunde infizierte sich und etwa die Hälfte des Schwanzes musste amputiert werden. Inzwischen ist alles gut verheilt, aber der kurze Stumpf sieht merkwürdig aus.

Pang Pha, Carla und Anchali

Pang Pha, Carla und Anchali  am 12.03.25

Drumbo befand sich vermutlich auf der Anlage, die sie lange Jahre mit Viktor geteilt hatte. Sein plötzlicher Tod Ende Januar nach einer Lungenentzündung liegt erst wenige Wochen zurück und ich schaffe es noch nicht, dorthin zu gehen. Sein Verlust schmerzt mich sehr und ich vermeide es nach Möglichkeit, in der Öffentlichkeit zu weinen…
Nach Viktors Tod kommen auch regelmäßig, allerdings zeitlich begrenzt, alle vier Elefantenkühe auf der großen Anlage zusammen, aber dann unter Aufsicht der Pfleger, weil irgendwelche Rangstreitigkeiten weiterhin befürchtet werden.

Viktor

c145a836-da24-4f99-977b-159f491b29f4.jpg, Viktor am 23.02.24

Am Steinbockfelsen gegenüber blühen schon die zart lila Azaleen. Zwei junge Böcke trugen eine Meinungsverschiedenheit mit weithin schallendem Aufeinanderkrachen ihrer Hörner aus. Frühling plus Hormone bringt die Männer, nicht nur im Tierreich, manchmal in Streitlaune.

junge Steinböcke am 16.03.25

Wir liefen um die Elefantenanlage herum, am Hühnerhaus vorbei; die modernen englischen Zwergkämpfer die ich mag, sind leider immer noch ohne Hahn; an der Giraffenanlage, wo wir den armen Mugambi bedauerten, der jetzt ohne seinen Kumpel, den kürzlich verstorbenen Max, auskommen muss und an den Sitatungas und ihrem Jungtier vorbei und betraten das Affenhaus.

Max

20230702_124914.jpg, Max

Ich musste mich nach dem Tod von Mano, den ich sehr geliebt habe und schmerzlich vermisse, erst überwinden, wieder dort hinein zu gehen. Aber ich wollte unbedingt sehen, wie es Orang Utan Dame Bini geht und sie besuchen, bevor auch sie womöglich sang-und klanglos verschwunden ist…

Mano

Orang Utan Mano am 01.09.24, II

Bini und ihr Sohn Bulan sind jetzt zusammen, was vielleicht nicht optimal ist, da Bulan langsam erwachsen wird oder bereits ist, was ich aber trotzdem begrüße. Sie beide jetzt allein zu halten, wäre Tierquälerei! Sie schienen innig verbunden, hatten fast immer Körperkontakt, schmusten und kletterten zusammen und besonders Bulan wirkte sehr viel glücklicher, als in den vergangenen Jahren seit der Trennung von seiner Familie.

Bulan mit neuem Jutesack

Bulan mit neuem Jutesack am 12.03.25.jpg, II

Während wir kurz bei den Gorillas nach Klein Tilla schauten, die durch das Gehege tobte und ihren Papa Sango ärgerte, was er aber geduldig tolerierte, bekam Bulan zwei nigelnagelneue Jutesäcke von einem Pfleger, was offenbar genau das Richtige für ihn war. Er fing sofort an, auf der linken Seite des Geheges Holzwolle in einen Sack zu stopfen, wechselte auf die andere Seite und kippte das Ganze wieder aus.

Sango

Gorilla Sango  am 12.03.25

Bini, der die Anhänglichkeit ihres Sohnes vielleicht manchmal zu viel wird, kletterte und turnte derweil alleine oben herum. Nachdem Bulan die Holzwolle zu seiner Zufriedenheit von A nach B befördert hatte, gesellte er sich wieder zu ihr. Manchmal wirkt er auf mich fast wie ein eifersüchtiger Bewacher seiner Mutter.

Gorilla Grand Dame Fatou, die inzwischen recht schwerfällig läuft, setzte sich derweil links vor das Gitter zum Nebengehege und schien zu lauschen. Vermutlich hatte sie den Pfleger gehört und hoffte auf ihren Mittagssnack. Als nichts weiter passierte, kam sie zurück und legte sich wieder entspannt auf den Rücken hinter die Scheibe und beobachtete ihre Besucher. Sie hat außer mir noch viele Bewunderer!

Fatou hinter der Scheibe am 12.03.25

Fatou wartet auf Mittagssnack

Fatou wartet auf Mittagssnack  am 12.03.25

Wir liefen durch das Affenhaus und passierten viele spärlich besetzte bzw. leere Gehege im Tropenhaus. Dort leben jetzt nur noch die Kapuziner, die Eulenkopfmeerkatzen mit ihren drei Kindern, Kaspar, der Kappengibbon, die Klammeraffen, Totenkopfäffchen, Hulmans und die Sumpfspringäffchen. Es fehlen u.a. die Hutaffen, die nach Dänemark gezogen sind und verschiedene kleinere Äffchen wie die Lisztäffchen und verschiedene Tamarine. Auf der linken Seite im hinteren Teil sind all Gehege unbesetzt, Hier wurden neue Klettermöglichkeiten in Form von Baumstämmen und großen Ästen hinein gebracht.

Totenkopfäffchen mit Baby

Totenkopfäffchen mit Baby am 12.03.25, I

Klammeraffen

Klammeraffen am 12.03.25

Bei den Eulenkopfmeerkatzen blieben wir stehen, weil das Jüngste, noch ein Baby, angefangen hat, allein und ohne Mama herumzuklettern. Diese lässt es inzwischen immer länger zu.

Die hübschen Totenkopfäffchen haben gleich drei süße Kinder, die von ihren Müttern noch auf dem Rücken getragen werden und entzückten besonders die kleinen Bes ucher, die mit ihren Müttern und Omas vor der Scheibe standen. Die Klammeraffen saßen auf hoch angebrachten Podesten herum und hoben nur manchmal ihre Köpfe.

Wir verließen das Haus. Draußen konnte ich einen der Pfleger fragen, warum einige Bonobos so viele kahle Stellen im Fell haben. Er erklärte, dass es sich nicht, wie von mir vermutet, um eine Erkrankung handele, sondern dass sie es beim Lausen übertreiben und die Haare ausrupfen würden.

12 Comments

  1. Liebe Anke
    Dein Bericht spricht mir aus dem Herzen. Auch ich war jahrelang nicht mehrim Zoo. Nicht nur etliche Tiere die uns ans Herz gewachsen sind gibt es nicht mehr,Pfleger die mit großer Liebe zu ihren anvertrauten Tieren gehangen haben wurden einfach in ein anderes Revier versetzt. Mich würde sehr interessieren wer von den Pflegern die wir in der Zeit wo Knut noch lebte im Zoo kennengelernt haben noch da sind. Das bekommt man leider nur raus wenn man öfter im Zoo ist. Ich bin schon auf Teil 2 gespannt.
    LG Marion

    • Liebe Anke
      Es ist jetzt viele Jahre her dass wir den Rueckzug von Dr B begrusst haben. Man hoffte damals frische Ideeen und Methoden aus Hellabrunn wurden TP und Zoo Berlin verbessern.
      Leider scheint es nicht so. Pfleger die man gut kannte sind nicht mehr zu treffen.
      Nach Katjuschas Tod fehlen mir naturlich die Eisbaeren.
      Reisen in meinem 70ten Jahr ist sowieso nicht so schoen. Dafuer danke ich dir und anderen hier fuer die Worten und Bildern.

  2. Es ist sehr bedauerlich, dass das Management des Zoos so wenig Transparenz zeigt. Die vielen Baustellen sind das Eine, aber die “Abwicklung” ganzer Tiergruppen ist eigentlich nicht hinnehmbar. Man vermisst eine klare Strategie beim “Umbau” des Zoos. Dass geliebte Tiere sterben, ist der Lauf der Dinge. Etwas anderes ist es, wenn Tiere oder Personal ohne Erklärung verschwinden…man hatte von der neuen Zoo-Führung besseres erwartet!

  3. Liebe Anke!

    Vielen Dank für deinen schönen und interessanten Zoo Bericht!
    Du sprichst mir aus der Seele. Der Zoo ist leider nicht mehr das was er mal war.
    Man vermisst auch viele bekannte Pleger aus Knutzeiten, das stimmt.
    Nun ja, wir sind alle älter geworden; sicher sind etliche Pfleger in ihrem wohlverdienten Ruhestand.
    Ich freue mich auch schon auf den zweiten Teil deines Berichts.

    Liebe Grüße

    Yeo

  4. Liebe Anke!
    Es tut mir sehr leid, dass Du Dich im Zoo nicht mehr glücklich fühlst. Es sind 14 Jahre nach dem Tod von Knut vergangen. Viele Tiere sind in dieser Zeit gestorben.
    Der Verlust von Viktor und Mano ist noch frisch und tut besonders weh.
    Ich vermisse die Eisbären und Kragenbären. Du hast recht, der Bärenburg ist nicht mehr bewohnt, außer den Bären aus Orsa.
    Ich hoffe, dass mit der Zeit sich die Situation bessern wird. Die Baustelle am Raubtierhaus wird fertig. Ich bin gespannt, wie das Ergebnis aussehen wird.
    Hugs
    Ludmila

  5. Liebe Anke,

    dein Bericht im ersten Teil macht traurig und nachdenklich, umso schöner ist es es zu lesen, mit wieviel Herzblut du im zweiten Teil berichtest. Ja, von der Aufgabe der Orang Utans habe ich auch schon irgendwo gelesen. Der Tod von Victor und Max ist natürlich ein herber Verlust, aber dass soviele andere Tierarten, die auch Sympathieträger waren, aussortiert wurden, ist nicht nachvollziehbar.

    Ich habe mich gestern extra noch mit unserer regelmäßigen Zoobesuchern Monika aus Berlin ausgetauscht, die deine Kritik vollumfänglich teilt.
    Ihrer Meinung nach müssten jedoch viel mehr Besucher die Missstände schriftlich kritisieren. Die Tierpfleger dürfen nämlich gar keine Auskünfte mehr geben und viele ehemalige Tierpfleger fehlen mittlerweile.

    Dr. Knieriems Lieblingsprojekt sind die Pandas und diesem Hype sind offensichtlich viele andere Tierhaltungen zum Opfer gefallen.
    Die Informationspolitik scheint jedenfalls nicht seine Stärke zu sein und das ist sehr bedauerlich!

    Dir vielen Dank für deinen Bericht und liebe Grüße!
    Britta-Gudrun

  6. Hallo zusammen!
    In meinem Zoobericht habe ich beschrieben, wie traurig ich über die Tode von Elefantenbulle Viktor, Giraffenbulle Max und Orang Utan Mann Mano bin. Aktuell mache ich mir große Sorgen um Orang Utan Dame Bini. Letzte Woche fiel mir auf, dass sie sehr abgemagert ist und viel liegt. Zu dem Zeitpunkt war sie noch mit ihrem Sohn Bulan zusammen, der sie leider ständig bedrängte und deckte. Sie ließ ihn gewähren. Inzwischen wurden die beiden getrennt und Bulan befand sich heute mit den beiden Siamangs in einem der Außengehege.
    Bini lag im Innenbereich der Orang Utans in einer Hängematte und zeigte sich nur einmal kurz über dem Rand. Ich warf ihr eine Kusshand zu und sie legte sich nach einem kurzen Augenkontakt gleich wieder hin. Ich fürchte, ihr Zustand hat sich nicht verbessert, eher im Gegenteil, und ich möchte alle bitten, die sie kennen und mögen, ein paar positive Gedanken und Gebete in ihre Richtung zu schicken. Das kann zumindest nicht schaden… Ich habe mich heute mit einem mulmigen Gefühl von ihr verabschiedet.

    Liebe Grüße
    Anke

  7. Liebe Anke!
    Es tut mir sehr leid, dass Bini schlecht geht. Ich drücke die Daumen für sie.
    Hugs
    Ludmila

  8. Bini ist gestern gestorben. Schlaf schön Süße!
    Näheres findet man auf der Zoo Berlin Seite unter News.
    Ich bin sehr traurig.

    Anke

  9. Liebe Anke!
    Ich drücke Dich sanft. Es ist hart ein bekanntes Tier zu verabschieden.
    Hugs
    Ludmila

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